EU-Agrarminister drängen auf mehr Macht in Umweltfragen – EURACTIV.de

Landwirtschaftsminister aus 16 EU-Staaten haben gegenüber den Umweltministern mehr Mitspracherecht bei nachhaltigen Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Landwirtschaft gefordert.

Der Vorstoß kam in Form eines Schreibens, das von österreichischem Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig entworfen und von Ministern aus 15 weiteren Ländern, darunter Italien, Polen, Griechenland und Tschechien, unterzeichnet und am Freitag an die schwedische Präsidentschaft des Ministerrates geschickt wurde ( 27. Januar).

„Derzeit erleben wir eine unverhältnismäßige Verschiebung der Prioritäten, denen die erforderliche Kohärenz und Äquivalenz zwischen verschiedenen, aber legitimen Zielen der Union fehlt“, heißt es in dem Brief, der EURACTIV vorliegt.

Laut den 16 Ministern wirken sich eine Reihe neuerer und anstehender EU-Gesetzgebungsvorschläge zu Umweltfragen direkt auf den Land- und Forstwirtschaftssektor aus. Mit den Umweltministern an der Spitze befürchten die Minister, dass landwirtschaftliche Bedenken und das Ziel der Ernährungssicherheit auf der Strecke bleiben könnten.

„Im Moment haben wir eine Situation, in der Entscheidungen und Themen, die die Landwirtschaft betreffen, in verschiedenen EU-Ratsformationen diskutiert, aber am Ende ohne die land- und forstwirtschaftliche Expertise entschieden werden“, sagte Totschnig vor Journalisten im Vorfeld des Agrarministertreffens in Brüssel am Montag.

Neben den 16 Unterzeichnern haben sich während des Treffens auch mehrere weitere Delegationen für dieses Argument ausgesprochen, darunter Spanien und Estland.

Da die in der Umweltgesetzgebung für den Agrarsektor festgelegten Ziele häufig über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) umgesetzt werden müssen, schlug der spanische Minister Luis Planas stattdessen vor, solche Gesetze in gemeinsamen Gruppen von Umwelt- und Landwirtschaftsexperten zu erörtern.

Kompetenz zu Böden, Landnutzung

Konkret fordert der Brief die schwedische Ratspräsidentschaft auf, „eine rechtliche Überprüfung der Zuständigkeit“ zu jüngsten und bevorstehenden Vorschlägen der Europäischen Kommission zu „Boden, landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Flächen“ einzuleiten, um eine „stärkere Einbeziehung“ des Rates der Landwirtschaftsminister zu erreichen seine Vorbereitungsgremien.

Dazu gehört der bevorstehende Vorschlag der Kommission für a Bodengesundheitsrechterwarteter Sommer dieses Jahres, sowie die Restaurierungsziele, die von der EU-Exekutive in ihrem vorgeschlagen wurden Naturschutzgesetz.

Der Brief bezieht sich auch auf die Frage der CO2-Landwirtschaft im Zusammenhang mit den jüngsten Mitteilungen der Kommission Mitteilung über Kohlenstoffabbau.

Während der Ministerrat – einschließlich aller Formationen aus verschiedenen Politikbereichen – eine einheitliche EU-Institution bildet, leitet in der Regel eine Formation die Arbeit an einem bestimmten Gesetzgebungsprojekt.

Welche Minister das für einen bestimmten Vorschlag sind, entscheidet die Ratspräsidentschaft – in diesem Fall Schweden – mit Unterstützung des Generalsekretariats des Rates.

Abgesehen von der Verlagerung der zuständigen Minister insgesamt wird in dem Schreiben auch die Einrichtung einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe von Experten aus den Landwirtschaftsministerien vorgeschlagen, die in die Arbeit der Umweltminister zu den betreffenden Themen einfließen und diese prüfen soll.

Der Vorstoß, die Stimmen der Landwirtschaft gegenüber dem Umweltschutz zu stärken, kommt inmitten der laufenden Debatten darüber, ob Umweltambitionen Vorrang vor Bedenken hinsichtlich der Ernährungssicherheit eingeräumt werden soll, insbesondere vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges mit seinen Auswirkungen auf die globalen Lebensmittelmärkte.

„Wir bekennen uns zum Green Deal und versuchen nicht, die EU-Klima- und Umweltziele anzugreifen, aber dies muss mit dem Ziel einhergehen, die Ernährungssicherheit in Europa zu gewährleisten“, betonte Totschnig.

Eine Frage der interministeriellen Beziehungen?

Bundesminister Cem Özdemir begründete seine Entscheidung, den Brief nicht zu unterzeichnen.

„Wir haben nicht das gleiche Problem: Der Umweltminister und ich verstehen uns super“, sagte er und berate gerne andere Länder bei der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien.

Özdemir, der wie Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen stammt, räumte jedoch ein, dass dies in Ländern, in denen die beiden Ministerien von unterschiedlichen Parteien besetzt sind, möglicherweise schwieriger sei.

Tatsächlich ist Österreichs Toschnig ein Konservativer, während die Umweltministerin des Landes, Leonore Gewessler, eine Grüne ist.

Laut österreichischen Medienberichten war Gewessler nicht rechtzeitig über Totschnigs Brief informiert worden, der Vorstoß wurde vom österreichischen Grünen-Abgeordneten Thomas Waitz kritisiert.

„Dieser Brief ist ein Affront und wäre eine Katastrophe in den Bemühungen, den Green Deal zu retten und die Klima- und Biodiversitätskrise zu stoppen“, sagte er in einer Erklärung.

Unterdessen versprach Totschnig, bei einem Treffen am Montag mit dem EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, dem Österreicher Johannes Hahn, die Frage einer stärkeren Beteiligung der Landwirtschaftsminister anzusprechen.

Hahns Verantwortungsbereich ist jedoch weder direkt mit der Landwirtschaft noch mit der Umwelt verbunden, und die EU-Kommissare haben die Aufgabe, ihren Politikbereich und nicht ihr Heimatland zu vertreten.

Die deutschen Grünen-Minister sind sich nicht über die Deregulierung der EU-Geneditierung einig

Da die Grünen sowohl das deutsche Landwirtschafts- als auch das Umweltministerium leiten, erwarten viele, dass sich das Land gegen den erwarteten Vorstoß der Kommission zur Deregulierung neuer genomischer Techniken (NGTs) wehren wird. Doch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir weigert sich bisher, Partei zu ergreifen.

[Edited by Natasha Foote/Nathalie Weatherald]


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