Bundestagswahl: Mehrheit für Ampel-Koalition – Politik

Ampel, Jamaika oder Groko? Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich dem ZDF-Politbarometer zufolge ein Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und FDP. 59 Prozent fänden es gut, wenn es zu einer solchen Ampelkoalition käme, 20 Prozent schlecht und 19 Prozent wäre es laut Umfrage egal. Ein Jamaika-Bündnis aus den Unionsparteien, den Grünen und der FDP stößt hingegen auf wenig Zuspruch. Lediglich 24 Prozent würden dies für gut befinden. Auch für eine von der SPD geführte große Koalition sprechen sich mit 22 Prozent vergleichsweise wenige aus.

Die Anhänger der jeweiligen Parteien stehen einem rot-grün-gelben Bündnis ebenfalls positiv gegenüber. So bewerten unter SPD-Anhängern 82 Prozent eine Ampelkoalition als gut, bei den Grünen sind es 80, bei der FDP 53.

Als künftigen Bundeskanzler sehen 76 Prozent der Befragten Olaf Scholz (SPD). Nur 13 Prozent fänden Armin Laschet (CDU) als Kanzler gut. Neben sehr großen Mehrheiten in den Anhängerschaften von SPD, Grünen und Linken sprechen sich auch 61 Prozent der FDP-Anhänger und 55 Prozent der AfD-Anhänger für Scholz aus. Selbst unter Unions-Anhängern befürworten 49 Prozent Scholz und nur 39 Prozent Laschet. (01.10.2021)

Scholz wirbt für eine Koalition, in der “echte Zuneigung” entstehen kann

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat seine Zuversicht auf ein Zustandekommen einer Ampelkoalition mit den Grünen und der FDP bekräftigt. Auf die Frage in einem Spiegel-Interview, ob er nach den Verhandlungen mit Grünen und FDP Kanzler werde, sagt Scholz: “Ja.” Außerdem warb er für eine Ampelkoalition – eine Koalition, in der “echte Zuneigung” entstehen kann. “Ich bin optimistisch, dass eine Ampelkoalition gelingen kann”, sagte Scholz. Die Deutschen hätten mit ihren Stimmen SPD, Grüne und FDP stärker gemacht. “Das ist eine Botschaft an diese drei, das jetzt auch hinzukriegen und miteinander eine Regierung zu bilden.”

Scholz betonte die Notwendigkeit, dass die Parteien auf Augenhöhe miteinander reden und sich alle im Koalitionsvertrag wiederfinden. “Wer miteinander eine Regierung bilden will, muss Vertrauen zueinander haben. Denn später werden wir viele Aufgaben lösen müssen, die bei den Koalitionsverhandlungen noch gar nicht vorhersehbar waren.” Grüne und FDP wollen am Freitagvormittag zu ihrer zweiten Gesprächsrunde über eine gemeinsame Regierungsbeteiligung zusammenkommen.

Von Sonntag an steigen dann auch die SPD als stärkste Kraft nach der Bundestagswahl und die Union in Gespräche ein. Beide streben jeweils ein Bündnis mit Grünen und FDP an – also entweder eine sogenannte Ampelkoalition unter Führung der SPD oder ein sogenanntes Jamaika-Bündnis unter Führung der Union.

Angesprochen auf unterschiedliche Politikansätze bei SPD, Grünen und FDP sagte Scholz dem Spiegel: “Ich habe da schon konkrete Vorstellungen, wie das passen könnte.” Koalitionsgespräche sollten aber nicht über die Medien geführt werden. “Es wäre nicht klug, jetzt über irgendwelche roten Linien zu sprechen. Auch aus unterschiedlichen Ausgangspositionen heraus muss es am Ende eine Verständigung geben können.” (01.10.2021)

FDP will Verbot für Abtreibungswerbung streichen

Die FDP will sich bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen für eine Streichung des Strafrechts-Paragrafen 219a einsetzen, der die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. “Als Freie Demokraten im Deutschen Bundestag streiten wir für die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB”, sagte die Gesundheits- und Rechtsexpertin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Natürlich werden wir auch in Koalitionsverhandlungen dafür eintreten.” Das Ziel dürfte in Gesprächen mit der SPD leichter zu erreichen sein als mit der Union. Anfang 2019 hatten die Sozialdemokraten schon einmal versucht, die Passage aus dem Gesetz zu streichen, mussten aber am Ende in einem Kompromiss mit CDU und CSU nachgeben.

“Die Zahl der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sinkt drastisch und rasant”, erklärte Helling-Plahr. Das müsse die Politik auf allen Ebenen alarmieren. Selbst die derzeit noch regierende große Koalition schließe nicht aus, dass die gesetzliche Stigmatisierung von legalen Schwangerschaftsabbrüchen durch den Paragrafen 219a zu dieser Entwicklung beitrage, erklärte die Bundestagsabgeordnete unter Berufung auf die Antwort des Bundesfamilienministeriums auf eine Anfrage ihrer Fraktion. “Sachliche Informationen auf der Homepage einer Ärztin oder eines Arztes über einen legalen ärztlichen Eingriff dürfen kein strafbares Unrecht sein”, sagte die Abgeordnete mit Blick auf den Fall der Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel, die auf Grundlage des Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. (01.10.2021)

Merz deutet Verzicht auf Kandidatur zum Fraktionschef an

Der CDU-Politiker Friedrich Merz hat angedeutet, dass er im kommenden Jahr nicht für den Fraktionsvorsitz kandidieren könnte. Sollte die Union in die Opposition gehen, rate er dazu, das Amt des Partei- und Fraktionschefs in eine Hand zu legen, sagte der neu gewählte Bundestagsabgeordnete den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zugleich sagte Merz aber: “Ich habe mich zweimal um den Parteivorsitz beworben, jeweils mit Unterstützung einer überwältigenden Mehrheit der CDU-Mitglieder, die auch weiterhin ungebrochen ist. Trotzdem hat der Parteitag zweimal anders entschieden. Mein Bedarf an streitigen Abstimmungen gegen das Establishment ist gedeckt.” Er richte sich jetzt darauf ein, “ein normaler und hoffentlich guter Abgeordneter zu sein”.

Ende April endet die Amtszeit des gerade neu gewählten CDU/CSU-Fraktionschefs Ralph Brinkhaus. Sowohl Merz als auch Gesundheitsminister Jens Spahn und der Außenpolitiker Norbert Röttgen (alle CDU) galten bisher als Anwärter auf den Posten, sollte die Union keine Jamaika-Regierung bilden können.

Zugleich übte Merz scharfe Kritik am Wahlkampf der Union, dem Themen und eine Medienstrategie gefehlt hätten. Zudem habe man einen Kandidaten “mit sehr niedrigen Zustimmungswerten in der Bevölkerung” gehabt, sagte er in Anspielung auf CDU-Chef Armin Laschet. “Da wäre ein Wahlsieg schon ein kleines Wunder gewesen.” Merz sagte weiter, dass er Laschet unterstütze, solange es eine Chance auf die Bildung einer Jamaika-Koalition gebe. Jetzt gehe es für die Union darum, trotz der Wahlniederlage Verantwortung zu übernehmen, “jedenfalls dann, wenn die SPD eine Regierung nicht zustande bringt”. Auch die CSU habe ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. “Für gegenseitige Belehrungen und Anweisungen, wer jetzt was zu tun hat, ist dieses Wahlergebnis an keiner Stelle geeignet”, wies Merz Kritik der CSU zurück.

Zu Spekulationen, dass Söder am Ende eine Jamaika-Koalition anführen könnte, sagte Merz: “Das weiß ich nicht, dazu fehlt mir im Augenblick auch die Fantasie.” Aber seit dem Wahltag habe sich so viel verändert, “dass wir nichts mehr ausschließen können”.

AfD-Fraktion wählt Weidel und Chrupalla als Vorsitzende

Die neue Bundestagsfraktion der AfD hat Alice Weidel und Parteichef Tino Chrupalla zu ihren Vorsitzenden gewählt. Sie erhielten nach Angaben von Teilnehmern der Fraktionssitzung 50 Jastimmen. 25 Abgeordnete stimmten gegen das Duo, bei zwei Enthaltungen. Gegenkandidaten gab es nicht. Zuvor hatte die Fraktion entschieden, dass auch künftig zwei Vorsitzende an der Spitze der Fraktion stehen sollen. Ein Antrag zur Abkehr von diesem Prinzip, der sich nach Ansicht von Beobachtern vor allem gegen die bisherige Co-Vorsitzende Weidel richtete, fand keine Mehrheit.

Eine kontroverse Debatte gab es nach Angaben von Teilnehmern der Fraktionssitzung über den Vorschlag, den scheidenden Co-Fraktionschef Alexander Gauland zum Ehrenvorsitzenden zu machen. Das ehemalige CDU-Mitglied war über Jahre eine der mächtigsten Figuren in der Partei. Inzwischen werfen ihm jedoch Angehörige des Lagers, das sich selbst als gemäßigt bezeichnet, vor, er habe die Partei zu weit nach rechts geöffnet. Die Diskussion über den Ehrenvorsitz sei teilweise etwas “ruppig” geführt worden, berichteten Teilnehmer.

Am Ende wurde dann aber doch die Position eines Ehrenvorsitzenden ohne Stimmrecht in der Geschäftsordnung verankert. Darüber, ob Gauland dieses Amt bekleiden soll, wollten die Abgeordneten am späten Abend abstimmen.

Zu dem Treffen der Fraktion am Donnerstag waren nur 82 der insgesamt 83 AfD-Abgeordneten eingeladen. Nachdem am Mittwoch einige Abgeordnete Einwände gegen seine Aufnahme in die Fraktion geäußert hatten, verzichtete Matthias Helferich, der über die NRW-Landesliste der AfD in den Bundestag gekommen war. Ob er künftig zumindest als Gast an den Sitzungen teilnehmen will und darf, muss noch entschieden werden. Gegen Helferich war noch im Wahlkampf eine Ämtersperre verhängt worden. Hintergrund der vom Bundesvorstand beschlossenen Ordnungsmaßnahme waren Äußerungen in älteren Chats. Der AfD-Politiker bestreitet nicht, dass er sich darin als “freundliches Gesicht des NS” bezeichnet hatte. Dieser Begriff sei jedoch lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er “persifliert” habe, führte er aus. (30.09.2021)

Union will am Sonntag mit der FDP und am Dienstag mit den Grünen reden

Die Unionsspitze will an diesem Sonntagabend mit Vertretern der FDP über Chancen für eine mögliche gemeinsame Jamaika-Regierung mit den Grünen beraten. Aus Unionskreisen hieß es am Donnerstag, die Parteichefs von CDU, CSU und FDP, Armin Laschet, Markus Söder und Christian Lindner, hätten am Mittwochabend festgelegt, dass man sich am Sonntagabend um 18.30 Uhr treffen wolle. Die Teilnehmer der Delegationen sollten im Laufe des Donnerstags festgelegt werden.

Gespräche der Union mit den Grünen sind für den Dienstagvormittag geplant, wie CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bekannt gab. Die Union glaube, es ergebe Sinn, über ein mögliches “Zukunftsbündnis” zu sprechen. Dieses könnte ein “Nachhaltigkeitsbündnis” sein, etwa bei Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Staatsfinanzen.

Somit steht der Zeitplan für die ersten Gespräche über eine neue Regierung weitgehend fest: Am Freitag treffen sich FDP und Grüne zu einer Sondierungsrunde; deren Spitzen waren in kleiner Runde bereits am Dienstagabend zusammengekommen. Am Sonntag treffen sich erst SPD und FDP am Nachmittag, im Anschluss dann SPD und Grüne – und parallel dazu die Union mit der FDP. Zwei Tage später treffen sich dann Union und Grüne.

Die SPD setzt auf eine Koalition mit Grünen und FDP: Man gehe in die Treffen mit dem “festen Willen von unserer Seite”, eine Ampelkoalition zu bilden, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil – und da sei er auch optimistisch. Nun habe man untereinander einen Zeitplan verabredet. “Entscheidend ist, wer am Ende den Koalitionsvertrag unterschreibt”, nicht wer zuerst miteinander spreche.

Auch Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ließ erneut ihre Präferenz für eine Ampelkoalition erkennen. “Wir leiten aus dem Wahlergebnis einen klaren Auftrag zur Bildung einer progressiven Regierung ab”, sagte sie. Wie auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing berichtete sie nichts über die Viererrunde, an der sie beide am Dienstagabend teilnahmen – zusammen mit dem Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck und FDP-Chef Christian Lindner. Alle vier hatten in der Nacht lediglich dasselbe Selfie veröffentlicht.

Man habe Vertraulichkeit vereinbart, sagte Baerbock. Und Wissing betonte am Mittwoch mehrmals, dass ein “vertrauensvoller und vertraulicher Rahmen” für die Gespräche wichtig sei. Deshalb habe man sich auch entschieden, nichts über das erste Gespräch mit den Grünen am Dienstagabend zu kommunizieren, sondern lediglich ein Bild sprechen zu lassen. (30.09.2021)

Göring-Eckardt: Union “null vorbereitet” auf Zeit nach Merkel

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt spricht sich klar gegen ein Jamaika-Bündnis mit der Union aus. “Ich sehe im Moment nicht, dass man die Union für sondierungsfähig halten könnte, geschweige denn für regierungsfähig”, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zwar sei sie immer der Meinung, dass man unter den demokratischen Parteien keine Option ausschließen sollte. Aber beim Blick auf den Zustand der CDU sehe sie aktuell nicht, wie eine Koalition mit CDU und CSU gehen solle.

“Der ganze Laden ist offensichtlich null vorbereitet auf die Zeit nach Merkel.” Dort müsse “jetzt erstmal für Ordnung gesorgt werden”, sagte Göring-Eckardt bei einem Statement in Berlin. Es sei aber nicht Aufgabe der Grünen, “sich um die Machtverhältnisse in der Union zu kümmern”, ergänzte Anton Hofreiter. Beide waren zuvor von der neuen Bundestagsfraktion der Grünen kommissarisch als Vorsitzende im Amt bestätigt worden.

Die Grüne Jugend warnt derweil vor der FDP als möglichen Koalitionspartner der Grünen. “Bei dieser Wahl sind auch Menschen, die bisher konservativ gewählt haben, auf der Flucht vor der Zukunftsfeindlichkeit der CDU jetzt bei der FDP gelandet”, sagte der Bundessprecher der Grünen Jugend, Georg Kurz. “Hinter dem frischen Image der FDP steckt aber leider bisher nur die alte Leier der wundersamen Kräfte des Marktes.” (30.09.2021)

SPD fordert Laschet zur Anerkennung von Wahlniederlage auf

Die SPD fordert Unionskanzlerkandidat Armin Laschet auf, das Ergebnis der Bundestagswahl als Wahlniederlage von CDU und CSU einzuräumen und anzuerkennen. “Dass Armin Laschet es bis zum heutigen Tag nicht fertigbringt, die Total-Abfuhr der Wähler anzuerkennen, sondern stattdessen verbissen um jeden Millimeter Macht feilscht, ist ein beschämendes Armutszeugnis für ihn und die ihn tragenden Parteien CDU und CSU”, sagt der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans der Augsburger Allgemeinen. Die Wählerinnen und Wähler hätten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, wen sie als Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel wollten und wen nicht. (30.09.2021)

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