Ampelkoalition – Baerbock: Verhandlungen Ende der Woche – Politik

Die Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock rechnet damit, dass Ende der Woche die Koalitionsverhandlungen zwischen ihrer Partei sowie SPD und FDP beginnen. “Es wird jetzt zum Ende der Woche losgehen”, sagte sie am Dienstag im ZDF. Man werde “sehr, sehr viele” Arbeitsgruppen auf den Weg bringen, um die einzelnen Fachthemen zu bearbeiten.

Baerbock pochte darauf, dass zunächst die Inhalte einer möglichen Ampel-Koalition festgezurrt werden müssten, bevor über die Verteilung der Ministerien gesprochen werde. Hintergrund sind öffentliche Forderungen von FDP-Politikern, dass FDP-Chef Christian Lindner Finanzminister werden soll. Danach hatten auch Grünen-Politiker das Ressort für ihre Partei beansprucht. Zu Plänen für ein Klimaministerium hielt sich Baerbock bedeckt, sagte aber: “Es kann nicht so sein, dass ein Ministerium sich bemüht, und zehn arbeiten dagegen. Es muss eine Klimaregierung sein.”

Baerbock widersprach dem Eindruck, dass sich vor allem die FDP in dem Sondierungspapier durchgesetzt habe. Es sei klar, dass die Grünen bei der Bundestagswahl deutlich vor der FDP gelandet seien. Ihre Partei habe den Pfad zur Einhaltung des 1,5-Grad-Klimaschutzziels verankert. Das Kohleausstiegsgesetz werde wieder geöffnet und der Kohleausstieg vorgezogen. Zudem seien gesellschaftspolitische Reformen wie eine Überarbeitung des Staatsbürgerrechts vereinbart worden. (19.10.21)

Auch die FDP spricht sich für Aufnahme von Koalitionsgesprächen aus

Die FDP will Koalitionsgespräche mit SPD und Grünen aufnehmen. Der Bundesvorstand hat am Mittag in Berlin offenbar der Aufnahme von Verhandlungen zur Bildung einer Ampelkoalition zugestimmt.

Man habe mehr als zweieinhalb Stunden beraten und schließlich einstimmig – “in diesem großen Gremium”, wie FDP-Chef Christian Lindner betont, der Aufnahme von Koalitionsgeprächen mit SPD und Grünen zugestimmt. “Deutschland braucht eine stabile Regierung. Deutschland darf nicht führungslos bleiben. Deutschland benötigt eine umfassende Modernisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat”, sagte Lindner und dafür biete ein neues Bündnis eine gute Möglichkeit.

Die Liberalen sind der letzte der drei Partner, die nach den Sondierungsgesprächen ihr Okay für formelle Koalitionalsgespräche gegeben hat. Der SPD-Vorstand hatte bereits am Freitag einstimmig für formelle Gespräche über eine Ampelkoalition votiert, die Grünen hatten sich auf einem kleinen Parteitag am Samstag mit großer Mehrheit dafür entschieden.

“Wir sehen Chancen, wir sehen aber auch Herausforderungen”, sagte Lindner. Ein Ampelbündnis werde anfangs sicher ein “Zweckbündnis” sein. “Ob daraus mehr werden kann, liegt an den einzelnen Parteien”, so der FDP-Chef. Die drei Partner hätten sich vor der Bundestagswahl “sicher nicht gesucht, um es diplomatisch auszudrücken”. Es gebe nach wie vor große inhaltliche Unterschiede, bei denen es auch in Zukunft bleiben werde. Diese erfordere von allen viel Toleranz und Bereitschaft zu “neuem Denken”.

Dass man jetzt über eine Ampelkoalition rede, stehe ganz sicher nicht für einen Linksruck. Man werde als FDP stets auch die Interessen bürgerlicher Wählerinnen und Wähler, auch jene der Unionsanhänger, mitbedenken.

Fragen nach einem Streit über den Posten des Finanzministers, für den Lindner selbst oder Grünen-Chef Robert Habeck gehandelt werden, wies Lindner zurück. Er werde zu diesem Zeitpunkt nicht über die Zusammensetzung des Kabinetts spekulieren. In der jetzigen Phase der Regierungsbildung müsse man jede öffentliche Aüßerung genau abwägen.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte am Morgen im ZDF gesagt, er rechne nun mit einem zügigen Beginn der Koalitionsverhandlungen. Möglicher Startpunkt der Verhandlungen wäre Donnerstag, hieß es in Verhandlungskreisen der Parteien. Dies sei aber noch nicht endgültig geklärt. Bis spätestens Weihnachten, das hatte unter anderem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz betont, soll die neue Regierung vereidigt sein. (18.10.2021)

Baerbock: Gab keine Mehrheit für Tempolimit

Für ein generelles Tempolimit hat es laut Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock in den Ampel-Sondierungen mit SPD und FDP keine Mehrheit gegeben. “Das hat uns geschmerzt”, sagte sie im Deutschlandfunk. Dies wäre allerdings nur eine kleine Maßnahme für das Klima gewesen, eigentlich wichtiger für die Verkehrssicherheit. Ansonsten hätten die Grünen im Klimabereich viel erreicht, beteuerte Baerbock – einen wohl vorgezogenen Kohleausstieg, einen Ausbau der erneuerbaren Energien, eine Solardächerpflicht und klare Leitplanken für die Industrie. Damit gebe es künftig die Chance, die Klimaziele einzuhalten. Die Sondierungen hätten zunächst die Eckpfeiler festgelegt. “Natürlich muss das alles unterfüttert werden.”

Insbesondere was das Geld betrifft: “Die genaue Finanzierungsberechnung, die wird dann in den Koalitionsverhandlungen folgen”, sagte Baerbock. Zuletzt gab es Kritik am Sondierungspapier der Ampel-Partner, weil es bei der konkreten Finanzierung von Projekten noch ungenau ist. “Das war eines der härtesten Themen”, sagte Baerbock. Hier hätten Grüne und FDP weit auseinander gelegen. Allein für die Modernisierung der Infrastruktur seien aber 50 Milliarden Euro pro Jahr notwendig – zu stemmen “über Gesellschaften”. Details zu dieser Form von Nebenhaushalten nennt Baerbock nicht.

Zur Kritik der fehlenden Finanzierung sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im ZDF, es gebe schon Geld in den Haushalten. Außerdem werde Wachstum zu mehr Steuereinnahmen führen. “Wir sehen ja gerade, dass die Wirtschaft anläuft.” Und schließlich werde die vereinbarte globale Mindeststeuer Deutschland knapp sechs Milliarden Euro in die Kassen spülen. (18.10.2021)

Lindner signalisiert Anspruch aufs Finanzministerium

Zwischen FDP und Grünen verschärft sich der Konflikt über die Besetzung des Finanzministeriums in der angestrebten Ampelkoalition. FDP-Chef Christian Lindner sprach sich zwar gegen öffentliche Debatten über Ministerposten aus, signalisierte aber zugleich sehr deutlich sein Interesse an dem Schlüsselressort. Grünen-Co-Chef Robert Habeck kritisierte Personalspekulationen als “nicht hilfreich”.

Lindner machte am Sonntagabend deutlich, welche Rollenverteilung er in einer künftigen Ampel-Regierung sieht. “Wichtig ist mir nur eins, jeder der drei Partner muss wirken können, muss Einfluss nehmen können”, sagte er in der ARD. “Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.”

Habeck reagierte verärgert auf solche Personalspekulationen. “Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe”, sagte er in der ARD. “Wir haben sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. Die Konkurrenz ist da, ohne Frage. Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen.”

Der Grünen-Chef versicherte, er selbst stelle “alle persönlichen Ambitionen von Menschen inklusive meiner Person” immer zurück. “Ich klopfe allen auf die Finger, die zucken. Deshalb kann ich für meinen Laden sagen, wir werden das nicht tun.”

Bei den Grünen mehren sich die Stimmen, in der angestrebten Ampelkoalition selbst das Finanzministerium zu besetzen. Es spiele eine zentrale Rolle etwa bei Entscheidungen über Zukunftsinvestitionen, sagte etwa die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. Noch deutlicher wurde der grüne Finanzminister aus Baden-Württemberg, Danyal Bayaz, auf Twitter. Grünen-Co-Chef Robert Habeck sei die Idealbesetzung für das Finanzministerium im Bund, das de facto ein Vetorecht hat. “Er hat sich nicht erst seit gestern gründlich auf diese verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet.”

Es müsse jetzt darum gehen, Spielräume innerhalb der Schuldenbremse zu nutzen und mit der Bekämpfung von Geldwäsche sowie Steuerhinterziehung und Steuervermeidung neue Spielräume zu schaffen, sagte Sven Giegold. Der Grünen-Politiker war Mitglied des Sondierungsteams seiner Partei zur Bildung einer Regierung mit SPD und FDP. “Die Finanzquellen werden wir nur erschließen, wenn wir die Umsetzung dieser Maßnahmen selbst in die Hand nehmen. Wir dürfen nach schweren Kompromissen in der Steuerpolitik nicht auch noch die Umsetzung der vereinbarten Finanzpolitik opfern”, so der Finanzpolitiker.

Die Grünen sind in der Ampel-Konstellation gemessen an der Größe ihrer Fraktion im Bundestag der zweitstärkste Partner. Weil die SPD als größte Fraktion das Kanzleramt bekäme, hätten die Grünen eigentlich die zweite Wahl. Zuletzt hatten viele Insider aber gesagt, die FDP solle mit dem Finanzministerium in die Ampel-Regierung gelockt werden. Die Grünen könnten dafür ein deutlich aufgewertetes Klimaministerium bekommen. (18.10.2021)

Union und Verdi: Rentenbeiträge werden steigen

Die Union hält die Rentenpläne der möglichen künftigen Ampelkoalition für nicht finanzierbar. “Ich habe den Eindruck, dass die Leute nicht eins und eins zusammenzählen können. Wenn man sagt, wir halten das Rentenniveau bei 48 Prozent, dann ist zum Ende der Legislaturperiode 2024 oder 2025 die Rentenkasse leer”, sagt CDU-Rentenexperte Peter Weiß der Rheinischen Post. “Die Ampel muss den Bürgern reinen Wein einschenken und zugeben: Die Rentenbeiträge werden deutlich steigen müssen.”

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, prognostiziert angesichts der Rentenpläne der möglichen Ampelkoalition steigende Rentenbeitragssätze. “Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung wird erhöht werden müssen, gar keine Frage. Das ist im Bundeshaushalt auch darstellbar. Und es wird steigende Beiträge zur Rentenversicherung geben müssen”, sagte er der Zeitung. “Das ist vertretbar, denn der Beitragssatz liegt mit 18,6 Prozent unterhalb des Niveaus in der Regierungszeit von Helmut Kohl.” (18.10.2021)

Grüne stimmen für Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP

Die Grünen haben sich für Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP ausgesprochen. Bei einem kleinen Parteitag votierte eine große Mehrheit an diesem Sonntag in Berlin für die Aufnahme der Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung. Von nach Parteiangaben 70 stimmberechtigten Delegierten stimmten zwei mit Nein, es gab eine Enthaltung. Bereits am Freitag hatte der SPD-Vorstand einstimmig für Koalitionsverhandlungen votiert, womit nur noch die Zustimmung der FDP-Führung aussteht.

Vor dem Grünen-Votum hatte Co-Parteichef Robert Habeck dafür geworben, in Koalitionsgespräche mit SPD und FDP einzutreten. “Was wir heute hier beschließen können, ist eine Zäsur für den Wandel in Deutschland”, so Habeck in seiner Rede. Die Grünen hätten in einer künftigen Regierung die Chance, Papiere nicht mehr nur für Parteitage zu schreiben, sondern sie umzusetzen.

Der Grünen-Vorsitzende räumte allerdings auch ein, dass seine Partei im Sondierungspapier Zugeständnisse an die anderen Partner hatte machen müssen. “Ja, wir haben nicht alles durchsetzen können. Wir haben Verluste in diesem Sondierungspapier zu verzeichnen.” Er verwies darauf, dass etwa ein generelles Tempolimit ebenso ausbleiben werde wie eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. “Wir muten uns mit dem Papier etwas zu – den anderen aber auch. Wir kommen aus der Defensive in die Gestaltung, in die Offensive”, sagte Habeck – und zählte anschließend all jene Punkte auf, in denen die Grünen in dem Sondierungspapier hätten Akzente setzen können. Dazu gehörten laut Habeck die Kindergrundsicherung, zwölf Euro Mindestlohn und ein modernes Einwanderungsrecht. Außerdem der frühere Kohleausstieg, die Förderung der Windenergie und die Verpflichtung auf das 1,5-Grad-Ziel.

Wo es Kritik aus den Reihen der Delegierten gab, war die eher verhalten: “Wo steht in diesem Sondierungspapier die wahrhaftige Beseitigung der Armut in diesem Land?”, fragte etwa Cansin Köktürk aus Bochum. Andere hoben den Handlungsbedarf hervor, den es in einer künftigen Bundesregierung noch beim Klimaschutz und beim Kampf gegen Armut gebe. Mehrere Delegierte mahnten an, dass in den nun bevorstehenden Koalitionsverhandlungen noch wichtige Details zu klären seien. So müsse deutlich werden, woher das Geld für notwendige Investitionen kommen solle, betonte die Hamburger Delegierte Anja Hajduk. (17.10.2021)

Brinkhaus sieht Ampel auf strammem Linkskurs

CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus hat die Ampel-Sondierungen von SPD, Grünen und FDP kritisiert. “Das ist die strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten in Deutschland gehabt haben. Es ist ein soziales Wünsch-dir-was. Allen wird alles gegeben, allen wird alles erfüllt”, sagte Brinkhaus beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster.

Das Sondierungspapier verspreche viel, etwa eine ewige Rentengarantie, mache aber keine Aussagen, wie die Projekte bezahlt werden sollen. Nichts sei gegenfinanziert. Ein solcher Ansatz traue den Menschen nichts und dem Staat viel zu.

“Diese Ampelkoalition ist nicht gut für unser Land. Deswegen muss es unser Anspruch sein, die wieder aus dem Bundeskanzleramt rauszuhauen”, sagte Brinkhaus. Der CDU-Politiker widersprach dem Eindruck, dass sich die FDP in den Sondierungen durchgesetzt habe. Bei einer Ampel gebe es lange rote und grüne Phasen – “gelb ist es immer nur drei bis fünf Sekunden”, sagt er. (17.10.2021)

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